„Kannst du hören, was ich geschrieben habe?“ Interaktionsorientiertes Schreiben als Intervention in der Onlineberatung

„Der Brief ist kein ordentliches Gespräch.
Er ist eine freye Nachahmung des guten Gesprächs.“
(Christian Fürchtegott Gellert, 1715-1769)

Schriftbasierte Medien erzeugen eine kommunikative Distanz. Damit Beratung hinreichend gut gelingen kann, ist jedoch eine bestimmte Form von Nähe notwendig. Mit Hilfe eines interaktionsorientierten Schreibstils lassen sich schriftliche Dialoge realisieren, die mündlich konzipiert sind. Ziel ist dabei nicht die Umsetzung genauer grammatikalischer und lexischer Vorgaben, sondern die Ermöglichung eines beziehungsorientierten Austauschs. Interaktionsorientiertes Schreiben wird, so verstanden, zu einer gezielten Intervention, um verschriftlichte Inhalte hörbar zu machen, wobei ein Wissen über Eigenheiten mündlicher Sprache dafür unabdinglich ist.

Interventionen als Spiegel der Zeit

Überlegungen zu einer zeitgemäßen Methodik der Onlineberatung

Bereits 2003 legten Birgit Knatz und Bernhard Dodier mit dem Vier-Folien-Konzept ein Konzept zur Beantwortung von Mailanfragen vor, das bis heute eine große Verbreitung gefunden hat. Während in der Onlinetherapie vorwiegend verhaltenstherapeutisch-orientierte Manuale zur Anwendung kommen, versteht sich die Onlineberatung von Beginn an als individualisierte und prozessorientierte Beratung. Dennoch gibt es seit dem Vier-Folien-Konzept mit Ausnahme einiger systemischer und integrativer Überlegungen keine neuen methodischen Entwürfe. In ihren Anwendungsformen und technischen Varianten hat sich Onlineberatung jedoch immer weiter ausdifferenziert. Wir werden in diesem Workshop der Frage nachgehen, wie diese Ausdifferenzierung, aber auch wie sozio-kulturelle Veränderungen zu einer zeitgemäßen Weiterentwicklung einer Onlineberatungsmethodik
führen können.